Neues Transplantationsgesetz
Das Schweizer Stimmvolk hat am 15. Mai 2022 mit 60.2% den Wechsel von der heute geltenden erweiterten Zustimmungslösung zur erweiterten Widerspruchslösung beschlossen. Was bedeutet das Abstimmungsresultat zum neuen Transplantationsgesetz für Sie und was sind die nächsten Schritte? Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Quelle: Swistransplant
Wie weiter nach dem Volks-Ja vom 15. Mai 2022
Welche Regelung ist heute in Kraft?
Bis das neue, vom Volk beschlossene Gesetz in Kraft tritt, gilt das bisherige Modell, die erweiterte Zustimmungslösung: Organe oder Gewebe dürfen nur entnommen werden, wenn
die Einwilligung der verstorbenen Person vorliegt. Besteht keine Willensäusserung, müssen
die nächsten Angehörigen im mutmasslichen Willen der verstorbenen Person über
eine Organspende bestimmen. Ist der Wille nicht bekannt, entscheiden sich Angehörige in
4 von 5 Fällen gegen die Organspende.
Was ist der Kern der neuen Regelung?
Wer nach seinem Tod keine Organe spenden möchte, muss dies künftig festhalten. Liegt kein Entscheid vor, so wird davon ausgegangen, dass die verstorbene Person mit der Organspende
einverstanden wäre. Die Angehörigen können einer Organentnahme widersprechen, falls sie Kenntnis davon haben, dass die verstorbene Person ihre Organe nicht hätte spenden wollen. Ist kein Wille dokumentiert und sind die Angehörigen nicht erreichbar, dürfen keine Organe entnommen werden. In den meisten Ländern Europas gilt die Widerspruchslösung.
Wann tritt die neue Regelung in Kraft?
Federführend bei der Umsetzung des neuen Gesetzes ist das Departement des Innern mit dem Bundesamt für Gesundheit (BAG). Die Einführung der erweiterten Widerspruchslösung erfolgt frühestens im Jahr 2025.
Was soll mit dem Systemwechsel erreicht werden?
Mit dem Systemwechsel werden mehrere Ziele erreichbar: die grundsätzliche Erhöhung der Anzahl und Verfügbarkeit von Organen; die bessere Chance für Menschen auf der Warteliste, rechtzeitig ein Organ zu erhalten; die Verbesserung der Gesundheit und der
Lebensqualität der Menschen, die auf ein gespendetes Organ angewiesen sind; die Entlastung der Angehörigen von schwierigen Entscheidungen und die Senkung der Gesundheitskosten, weil Transplantationen im Vergleich zu verfügbaren Alternativbehandlungen langfristig die kostengünstigere Option darstellen.
Welche Arbeiten kommen auf die zuständigen Behörden zu?
In einem ersten Schritt müssen die Details zur Umsetzung des revidierten Transplantationsgesetzes im Verordnungsrecht geregelt werden. Zudem wird ein nationales Register entwickelt, in dem ein Ja oder Nein zur Organspende eintragen werden kann und auf das die Verantwortlichen von Spitälern zugreifen können. Zudem steht das Bundesamt für Gesundheit BAG vor einer enormen kommunikativen Aufgabe: die Bevölkerung mit einer landesweiten Kampagne über die neue Regelung zu informieren, sodass alle Menschen in der Schweiz wissen, dass sie ihren Willen festhalten müssen, wenn sie nach dem Tod keine Organe spenden möchten.
Was kommt auf Swisstransplant und die Fachpersonen Organ- und Gewebespende in den Spitälern zu?
Swisstransplant spürt von vielen Seiten Unsicherheit, wann und wie die neue Regelung dereinst eingeführt wird. In der Zwischenphase bis zur Einführung kommt deshalb der Aufklärung eine besondere Bedeutung zu. Sobald sich die Inkraftsetzung abzeichnet, werden die bereits jetzt auf Angehörigengespräche geschulten Fachpersonen Organ- und Gewebespende in Workshops auf die neuen Gegebenheiten vorbereitet.
Wie kann der Spendewillen heute festgehalten werden?
Swisstransplant empfiehlt, den Entscheid zur Organ- und Gewebespende den Angehörigen zu kommunizieren, damit diese im Bild sind und ihn zusätzlich auf einer Organspendekarte und/oder Patientenverfügung oder Elektronischem Patientendossier festzuhalten. Diese Willensäusserungen werden auch nach Einführung des neuen nationalen Registers berücksichtigt.
Was passiert mit dem Organspenderegister von Swisstransplant?
Swisstransplant hat sein im Jahr 2018 lanciertes Organspenderegister per 20. Oktober 2022 eingestellt. Abfragen durch die Spitäler sind seither nicht mehr möglich.